Adolf von                                     Das Haus im Walde

Tschabuschnigg        

1809 – 1877                                                   I.

                                                                           

Wie lange hab’ ich dich nicht mehr begangen,

Du grüner Wald mit Moos und Quell’ und Schatten,

In düst’rer Stube saß ich, schlecht beraten,

Mit seichtem Thun betäubend hold Verlangen.

 

Wie in der Jugend einst die Vögel sangen,

So tönt ihr Lied noch, duftend blüh’n die Matten,

Die Bäume rauschen, wie sie damals thaten,

Fast wie in Märchen ist mein Sinn befangen.

 

Geschwätzig springt der Quell an meiner Seite,

Als wollt’ erzählen er vom Waldesleben,

Lang’ mißt’ ich schon so liebliches Geleite.

 

Und durch der hohen Wipfel leises Beben

Schleicht aus dem Himmel auch, dem freudig blauen,

Der Sonnenstrahl, die Wunder anzuschauen.

 

 

II.

 

Ei, kleiner Quell, was soll dein Eifer heißen?

Es dreh’n ein Rädchen schon die jungen Wellen,

Ein Zwerg nur, möcht’ ein Mühlrad d’ran bestellen,

Wart’, bald ergründ’ ich deine schlauen Weisen:

 

Da steht die Hütte schon, nah’ deinen Gleisen,

Gern tret’ ich auf die freundlich stillen Schwellen,

Vom Rebenlaub’ umgrünt, vom frohen, hellen,

Ist wohl der Stube kühler Hauch zu preisen.

 

Du holdes Bild, voll süßen Glücks und Ruhe!

In nied’rer Wiege liegt ein junges Leben;

Wie Moses an dem Dornbusch ohne Schuhe,

 

Nah’ ich dem Kind, um das die Geister schweben,

Nun merk’ ich wohl der Mutter fromm Bestellen:

die Wiege schaukeln sollen Rad und Wellen.

 

 

 

Adolf von                                     Sonett an Sie

Tschabuschnigg        

1809 – 1877                                                   Oft sitz ich sinnend ernst an stillen Tagen,

Und wie ein Elfenreigen kehren wieder

Die frommen Geister ungeborner Lieder,

Die einst die Weihestunde fortgetragen.

                                                                           

Das rohe Leben hat sie schnell erschlagen,

Ins Blumengras legt ich sie trauernd nieder;

In Träumen nur erscheint ihr Goldgefieder,

Doch was sie künden, kann ich nimmer sagen.

 

Gleich Vogelstimmen, gleich der Bienen Summen,

Wie Widerhall von ferner Lust und Schmerzen,

Bekannt, doch wortlos, dringen sie zum Herzen.

 

- Was weiß der Frühling von zertretnen Blumen,

Wo Veilchen starb und Knospe ohne Namen,

Da wuchert Dorn und Rose nun beisammen.